Happy Birthday … Riley

 

Nervös tigerte Gabriel vor dem Tresen der Bar auf und ab. So aufgeregt war er das letzte Mal, als Angel und er kurz vor Weihnachten zusammenkamen. Das lag vier Monate zurück. Eine Zeit, die er nie mehr missen wollte.
»Hey Großer, wenn du so weiter machst, bist du später k. o. und kannst unseren Süßen nicht mehr beglücken.« Es folgte ein erheitertes Lachen.
Mit einem breiten Grinsen wandte sich Gabriel zu Tyler um, der lässig am Tresen lehnte und seinen nackten Oberkörper präsentierte.
»Hab ich was verpasst? Oder bist du seit Neustem ins Geschäft eingestiegen?«
Mit einem Zwinkern zeigte Tyler ihm den Rücken, wo ein neues Tattoo seine leicht gebräunte Haut zierte. Vom Nacken bis zur Taille erstreckte sich ein Schwert mit einer rankenden Rose. Den krönenden Abschluss bildeten die filigranen Namenszüge Tyler und Matthew links und rechts.
»Wann hast du das denn stechen lassen?« Gabriel war positiv überrascht. »Das ist ja der Hammer!«
»Nelly hat übers Wochenende ein paar Doppelschichten für mich eingelegt. Vorhin hat sie es fertigbekommen. Ist eine Überraschung für Matt.«
Gabriel nickte ihm anerkennend zu. Sean und Matt waren für ein paar Tage nach Irland gereist und würden heute Abend zurückkehren. Den genauen Grund kannte er nicht. Er wusste nur, dass es sich um etwas Juristisches handelte und es mit Seans und Tylers weit entfernter Familie zu tun hatte.
»Und? Wie läuft es mit euren Plänen zusammenzuziehen?«, erkundigte sich Gabriel, wohlweislich, dass er Tyler damit ärgerte.
»Themenwechsel. Ich will im Moment nicht darüber nachdenken.«
»Du hast Schiss.« Gabriel lachte.
»Nein, hab ich nicht.«
»Hat er sehr wohl. Tyler hat Angst Verantwortung übernehmen zu müssen.«
Mit einem strahlenden Lächeln wandte sich Gabriel um. Angel stand vor ihm und sah zum Anbeißen aus. Seine blauen Augen leuchteten im Lichtschein der Bar. Die dunkelbraunen Haare waren verwuschelt. In seiner schwarzen Designerjeans und dem dunkelgrauen Pullover machte er eine verdammt gute Figur.
»Alles Gute zum Geburtstag«, sagte Gabriel und zog Angel fest in die Arme. »Ich hab dich so vermisst.«
Beide blickten sich tief in die Augen. Saphirblau traf auf Blaugrau. Im selben Moment hämmerte Gabriels Herz bis zum Hals und die Ameisenarmee wuselte durch seinen Körper. Dabei sog er Angels unvergleichlichen Duft ein.
»Ich war doch nur bei Jamie und Charlie, um Henry vorbeizubringen. So wie du es wolltest«, sagte Angel und grinste ihn schief an.
»Viel zu lange für meinen Geschmack.«
Anstatt zu antworten, berührten Angels Lippen seinen Mund. Alles um Gabriel herum verblasste zu einem grauen Schleier. Für ihn gab es nur noch seinen Liebsten. Sanft erwiderte er den Kuss, bis die Leidenschaft die Führung übernahm und sich beide in einem hungrigen Zungenspiel verloren.
»Du hast mich ja wirklich vermisst«, flüsterte Angel ihm ins Ohr, als sie einander losließen. Anschließend hauchte er ihm einen Kuss auf die Wange.
»Sag ich doch.« Gabriel zwinkerte ihm zu.
Unerwartet drang ein theatralisches Seufzen an ihr Ohr.
»Noch fünf Stunden, dann landet das Flugzeug«, sagte Angel und sah über Gabriels Schulter zu Tyler. »So lange hält es doch mein großer Bruder noch aus, oder? Nun zeig mir endlich das Tattoo.«
»Zuerst wird gratuliert.« Tyler lachte, schubste Gabriel zur Seite, umarmte Angel und küsste ihn auf die Stirn. »Ich wünsche dir für dein neues Lebensjahr unendlich viel Glück, mein kleines Brüderchen.«
»Danke. Dreh dich endlich um.«
Tyler tat es und Gabriel bestaunte mit Angel zusammen die wunderschöne neue Tätowierung.
»Nelly hat sich selbst übertroffen. Denk dran, Gab, du bist der Nächste.« Feixend nahm er seine Hand. »Du weißt, die Zeichnung ist fertig und liegt oben in der Mappe.«
»Ja … ja … ja.« Gabriel biss sich auf die Unterlippe. Er mochte Tattoos, aber vor allem dann, wenn andere sie trugen. Was er bisher nämlich verheimlicht hatte, war seine Angst vor Nadeln.
»Ich fessel und knebel ihn dir vorher«, bedeutete Tyler und alle drei brachen in lautes Gelächter aus.
»Nun müssen wir uns aber beeilen, sonst kommen wir erst heute Abend an«, sagte Gabriel, nachdem sie sich wieder beruhigt hatten.
»Du machst es spannend. Ich weiß noch immer nicht, was du vorhast.«
»Was hatte ich dir zum Thema Überraschung gesagt«, mischte sich Tyler ein und tauschte mit Gabriel einen wissenden Blick aus.
»Eigentlich war es Sean«, korrigierte ihn Angel und streckte ihm die Zunge raus.
»Kaum ist er dreiundzwanzig, da wird er frech. Wenn ihr nicht endlich abhaut, dann sperre ich euch in eines der Zimmer ein.«
»Soll das ein unmoralisches Angebot sein?« Gabriel schüttelte amüsiert den Kopf.
»Lasst mal gut sein. Ich stehe nicht so auf einen flotten Dreier. Aber ich trete euch gleich in den Allerwertesten, wenn ihr nicht losmarschiert.«
»Das ist Tylers taktvoller Rauswurf.« Gabriel zog Angel an der Hand hinter sich her und steuerte auf den Hintereingang zu. Doch ehe sie verschwanden, sah er über seine Schulter und formte lautlos die Worte »Danke dir«. Denn ohne Tylers Hilfe hätte er seine Überraschung wahrscheinlich nicht so schnell in die Tat umsetzen können. Zum einen hatte er Gabriel für die nächsten beiden Tage Urlaub gewährt und würde seine Arbeit für die Warenbestellungen übernehmen, zudem lieh er ihm für die Zeit seinen heiß geliebten silbernen Mercedes SLK.
»Viel Spaß euch beiden«, hörten sie Tyler noch hinterherrufen.
Bevor sie in den Hinterhof traten, hielt Gabriel an und zog einen schwarzen Stoffstreifen aus seiner Hosentasche.
»Vertraust du mir?«, fragte er leise.
»Das fragst du noch?«
Das war für Gabriel Antwort genug. Er legte Angel die Augenbinde um und führte ihn hinaus ins Freie. Es bedeutete ihm viel, dass Angel ihm blind vertraute. Vorsichtig half er ihm beim Einsteigen und dann fuhren sie auch schon los. Was sie benötigten, hatte er bereits im Vorfeld eingepackt.

*

Eine Dreiviertelstunde und jede Menge neugieriger Fragen von Angel später, parkte Gab mit einem Loch im Bauch den Wagen. Live sah das Ganze noch romantischer aus, als im Internet. Und sie waren gut in der Zeit. Er hatte ihre Ankunft für elf Uhr vormittags angegeben.
»Sind wir da?«
»Du bist ein ungeduldiges Geburtstagskind.« Gabriel lachte. »Wir sind da.«
»Darf ich dann auch sehen wo?«
»Gleich«, antwortete er und stieg aus. Er winkte den Pagen herbei, der sich augenblicklich um das Gepäck kümmert, während er Angel beim Aussteigen half.
»Bist du bereit?«
»Bereiter geht es gar nicht.«
»Scherzkeks.« Er hob die Hand und löste die Augenbinde. »Jetzt kannst du sehen, wo wir sind. Herzlich willkommen in Pennhill Park.«
Gabriel folgte Angels staunendem Blick. Das im neunzehnten Jahrhundert erbaute Herrenhaus war zu einem Luxushotel umfunktioniert worden. Efeu wuchs an den Außenwänden nach oben und hüllte das Gebäude fast gänzlich ein.
»Du bist doch verrückt.« Angel schüttelte mehrmals den Kopf.
»Nicht mehr als du.« Gabriel gab ihm einen Kuss auf die Wange, dann liefen sie Hand in Hand zum Eingang. An der Rezeption nannte er seinen Namen und die Empfangsdame wusste sofort Bescheid. Zum Glück hatte er alles telefonisch im Voraus arrangiert.
Mit dem Schlüssel in der Hand folgten sie dem Pagen zum Fahrstuhl und stiegen in der zweiten Etage aus. Ihr Zimmer lag am Ende des Flurs. Nachdem Gabriel sich bei dem jungen Mann bedankt und ihm Trinkgeld gegeben hatte, schloss er die Tür und war endlich wieder mit Angel allein.
»Das kostet doch sicherlich ein Vermögen.« Angels Blick wanderte, genauso wie seiner, durch die kleine Suite. In der Mitte des Raumes thronte ein Himmelbett mit einem goldenen Baldachin. Zwei mit Samt überzogene Sessel standen am Fenster und auf dem kleinen Tisch in deren Mitte entdeckte er bereits zwei gefüllte Sektgläser. Durch einen Torbogen konnten sie direkt ins Badezimmer sehen. Der Blick aus dem Fenster zeigte direkt in die großzügig angelegte Parkanlage. Luxus pur.
»Du hast heute Geburtstag, da spielt Geld keine Rolle.«
»Gab, du bist der Wahnsinn in Person.« Angel fiel ihm um den Hals. Feurig nahm er Gabriels Lippen in Beschlag und sie küssten sich so lange, bis ihnen sprichwörtlich die Luft wegblieb.
»Ich liebe dich. Und jeden Tag ein wenig mehr«, flüsterte er Angel ins Ohr und drückte ihn fest an sich.
»Meine Schmetterlinge sagen mir das Gleiche«, hauchte Angel ihm zu.
Gabriels Herz schlug jedes Mal schneller, wenn er das sagte. Er wusste, dass sein Freund noch lange nicht mit seinen wachsenden Gefühlen umgehen konnte. Anstatt sie auszusprechen, zeigte er sie ihm mit Gesten, Küssen und Streicheleinheiten.
»Komm … lass uns anstoßen. Sonst wird der Sekt noch warm.«
Gemeinsam liefen sie hinüber zum Fenster und Gabriel reichte ihm eines der beiden Gläser vom Tisch. Erst jetzt sah er die Erdbeeren, jeweils eine in jedem Sektglas. Das Hotel hatte tatsächlich seinen Wunsch berücksichtigt. Hoffentlich war das auch beim Essen der Fall.
»Auf deinen Geburtstag und das noch viele weitere folgen«, prostete er Angel zu, der ihm ein glückliches Lächeln schenkte.
Nachdem sie ausgetrunken, ihre Sachen ausgepackt und sich ein wenig frisch gemacht hatten, schielte Gabriel auf die Uhr. Es war bereits kurz vor eins.
»Hast du Hunger?«, fragte er augenzwinkernd.
»Ja.«
»Gut. Dann komm. Die Überraschung hat gerade erst angefangen.«
Nur wenige Minuten später saßen sie allein im Außenpavillon des Hotels. Die Sonne schien und spendete angenehme Wärme. Der Tisch war für zwei Personen gedeckt, in dessen Mitte sie eine wunderschön hergerichtete Geburtstagstorte in Empfang nahm. Darauf brannte eine Kerze.
Sprachlos starrte Angel auf die Torte und zwischen Gabriel hin und her. Schließlich nahm er Gabriel in den Arm und küsste ihn überschwänglich.
»Wünsch dir was«, sagte Gabriel lächelnd und beobachtete neugierig, wie Angel die Augen schloss und die Kerze auspustete. »Aber nicht verraten, was du dir gewünscht hast, sonst geht es nicht in Erfüllung.«
Lachend nahmen sie Platz und wurden auch prompt bedient. Als Vorspeise gab es zuerst eine Spargelsuppe, danach einen Salat mit Garnelen. Zum Hauptgang wurde Lamm serviert. Als Nachspeise hatte Gabriel Mousse au Chocolat mit Preiselbeeren bestellt. Doch der krönende Abschluss des Essens war ein Stück von der Geburtstagstorte.
Satt und zufrieden lehnten sie sich zurück und sahen sich tief in die Augen. Gabriel konnte die Freude im Gesicht seines Freundes ablesen. Das machte auch ihn glücklich. Ihr gemeinsamer Kurztrip hatte jedoch erst angefangen. Nichts war ihm zu teuer, solange er wusste, dass Angel sich geborgen und sicher fühlte. Das Hotel bot noch einen groß angelegten Spa-Bereich, für den er ebenfalls im Voraus gebucht hatte.
»Weißt du, dass es der beste Geburtstag ist, den ich je hatte«, sagte Angel und griff über den Tisch nach Gabriels Hand.
»Das war die tiefere Absicht«, grinste Gabriel und streichelte ihm mit dem Daumen über den Handrücken. »Ich bin süchtig nach dir. Wenn du glücklich bist, bin ich das auch.«
»Ich bin verrückt nach dir.« Angel lächelte ihn verträumt an. »Und jetzt lass uns spazieren gehen.«

© Madison Clark

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